LEAVES / BLÄTTER – Zwiesprache mit dem Wind

Interview mit der Künstlerin Ulli Böhmelmann

Schwebende Porzellanblätter im Museum Sonderausstellung

Dass Porzellan etwas Außergewöhnliches, Spektakuläres ist, wird ja immer wieder gern behauptet – ganz besonders von uns…! Wie richtig wir mit dieser Behauptung liegen, beweist aktuell die Installation LEAVES / BLÄTTER von Ulli Böhmelmann. Die Künstlerin (geb. 1970) hat im Gerverot-Saal des Museums das Kunststück vollbracht, hunderte von Porzellanblättern durch die Luft wirbeln und tanzen zu lassen. Über Monate hinweg sind diese Blätter bei uns in der Besucherwerkstatt von den beiden versierten Porzellinern Annett Marburg und Christopher Kahle in mühevoller Feinarbeit hergestellt worden. Jedes Porzellanblatt ist ein Unikat, wie auch jedes Blatt an einem Baum einmalig ist. Und die Blattformen aus Porzellan sind auch fast so dünn wie ein echtes Blatt. Es erscheint beinahe wie ein Wunder!

Unser Museumsleiter Dr. Christian Lechelt hat Ulli Böhmelmann einige Fragen gestellt, deren Antworten das raumgreifende Kunstwerk näher erläutern.

Was ist Deine Inspiration für LEAVES / BLÄTTER?

Bei meinem ersten Besuch im Museum vermaß ich alle Räume, achtete auf ihre Atmosphäre und Lichtverhältnisse. Der Gerverot-Saal mit seinem Panorama-Blick über das Weserbergland gefiel mir besonders. Aus dem Fenster schauend hatte ich das Gefühl, in einem Adlerhorst zu sitzen und den Wind zu spüren, der um das Schloss braust. Diese Empfindung wollte ich raumgreifend darstellen.

Du arbeitest oft mit ungewöhnlichen, leichten und lichtdurchlässigen Materialien. Was bestimmt Deine Materialwahl?

Wenn ich einen Raum erfasst und eine Idee gefunden habe, wie ich dort interagieren möchte, soll es immer ein Zusammenspiel von Raum und Installation sein. Die Installation entfaltet Stärke, wenn sie scheinbar zurückhaltend, aber dennoch eindrücklich wirkt. Das erreiche ich mit transparenten, lichtdurchlässigen Materialien, die ich immer wieder neu entsprechend meiner Idee auswähle.

Hauchdünnes Blatt aus Porzellan Sonderausstellung

Papier, Textil, Nylon, Glas – worin liegt demgegenüber der Reiz des Porzellans, dass Du es für LEAVES / BLÄTTER gewählt hast?

Wenn sich in der Natur die Blätter von den Bäumen gelöst haben, sind sie ihrem Zerfall  schon ganz nah. Dieser Übergang von Stärke und Kraft zu Vergänglichkeit und Zerbrechlichkeit findet mit hauchdünnem Porzellan ein gutes Äquivalent.

Neben dem Material spielt der Raum eine wesentliche Rolle. Wie charakterisierst Du diesen Punkt in Deinem Werk?

Der Raum ist der Ursprung von allem. Wenn ich ihn auf mich wirken lasse, erzählt er mir eine Geschichte, sei es die architektonische, historische oder eine atmosphärische. Ich möchte mit meinen Installationen den Fokus auf Aspekte des Raumes legen, die bis dahin vielleicht weniger Aufmerksamkeit erfahren haben.

Der überwiegende Teil Deiner Werke, insbesondere der Installationen, lebt ganz wesentlich vom Licht. Um was geht es Dir dabei?

Das Licht ist ein wesentliches Merkmal für das Vergehen von Zeit. Meine Installationen verdeutlichen, wie sich das Licht im Laufe des Tages wandelt, wie es den Raum täglich und wöchentlich verändert. Es gibt Momente mit einer ganz bestimmten Lichtsituation, die dann nie wieder vorkommen. Diese Einzigartigkeit erfahrbar zu machen ist mein Ziel.

Schwebende Blätter im Raum Sonderausstellung

Wer mehr über Ulli Böhmelmann erfahren möchte: www.ulli-boehmelmann.de